Salienz und Referenz
Der Epsilonoperator in der Semantik der Nominalphrase und anaphorischer Pronomen.

Klaus von Heusinger


Studia grammatica 43. Berlin: Akademie Verlag 1997




Die Vorarbeiten für dies Buch sind in zwei Arbeitspapieren dokumentiert:

Der Epsilon-Operator in der Analyse natuerlicher Sprache. Teil I: Grundlagen. Arbeitspapier 59. Fachbereich Sprachwissenschaft Universitaet Konstanz (1993).
Der Epsilonoperator in der Analyse der natuerlichen Sprache. Teil II: Anwendungen. Arbeitspapier 74. Fachbereich Sprachwissenschaft. Universitaet Konstanz (1995)

Contents

  • Abstract
  • Inhalt
  • Einleitung
  • Abstract

    Definite NPs and anaphoric expressions need contextual information to fix their reference. An essential part of this contextual information consists in a salience hierarchy that imposes an order on the set of potential referents.I reconstruct the pragmatic concept of salience with context dependent choice functions and develop a dynamic semantics that expresses the context change potential as updates of choice functions. Thus, the formalism is an extension of DRT and FCS that solves the problem of how to establish anaphoric links. Especially, donkey sentences get a new and transparent analysis.

    Inhalt

    1. Bestimmung des Phaenomenbereichs
    2. Die klassische Kennzeichnungstheorie
    3. Der Epsilonoperator
    4. Der modifizierte Epsilonoperator
    5. Referentielle Kontexttheorie
    6. Pronomen als Epsilonterme
    7. Eselssaetze und Epsilonterme
    8. Semantik der Salienzveraenderung
    Bibliographie
    Personenregister
    Sachregister

    Einleitung

    Einleitung Die Arbeit entwickelt ein neuartiges Bild von der Referenz sprachlicher Ausdruecke, indem semantische und diskurspragmatische Aspekte zu einer einheitlichen Analyse zusammengefuehrt werden. Am Beispiel des referentiellen Verhaltens von definiten und indefiniten Nominalphrasen werden die semantischen und sprachphilosophischen Probleme diskutiert. An der Darstellung und Kritik der klassischen Kennzeichnungstheorie nach Russell wird die Notwendigkeit fuer eine diskurspragmatische Verankerung der Referenz aufgezeigt. Dazu wird auf das Konzept der Salienz zurueckgegriffen, das bei der Analyse von anaphorischen Beziehungen in der Prager Schule und in der Kuenstlichen Intelligenz seit den 80er Jahren informell benutzt wird. Salienz wird sprachanalytisch und linguistisch untersucht und mit dem Hilbertschen Epsilonoperator formal rekonstruiert, der das Semantem fuer den definiten und indefiniten Artikel bildet. Die so erweiterte Semantik kann nicht nur die Referenz von Nominalphrasen praeziser erfassen, sondern liefert auch eine transparentere Analyse von anaphorischen Beziehungen. Die am Ende entwickelte Semantik der Salienzveraenderung stellt eine Erweiterung der File Change Semantics von Heim, der Diskursrepraesentationstheorie von Kamp und der dynamischen Logik Amsterdamer Art dar. Ausgehend von der traditionellen Beschreibung definiter und indefiniter Nominalphrasen, wird in Kapitel 1 intuitiv erlaeutert, welche Rolle das diskurspragmatische Prinzip der Salienz bei der Bestimmung der Referenz definiter Ausdruecke spielt. In Kapitel 2 wird die klassische Kennzeichnungstheorie von Russell dargestellt und kritisiert, um dann in Kapitel 3 einen alternativen Formalismus vorzustellen, der die Intuitionen aus Kapitel 1 besser erfasst. Hilberts Epsilonoperator wird als Semantem fuer den definiten und indefiniten Artikel eingefuehrt und ausfuehrlich dargestellt. In Kapitel 4 wird die klassische Epsilontheorie zweifach modifiziert: Der Epsilonoperator wird erstens kontextuell abhaengig gemacht, und zweitens erhalten sprachliche Ausdruecke ein salienzveraenderndes Potential. Das Referenzverhalten von definiten und indefiniten NPs wird in Kapitel 5 untersucht. Dabei lassen sich ihre Gemeinsamkeiten in der entwickelten Theorie einheitlich darstellen. Die beiden Kapitel 6 und 7 wenden die Epsilonanalyse auf anaphorische Pronomen in einfachen und komplexen Strukturen an. Kapitel 8 entwickelt abschliessend eine dynamische Semantik, in der das salienzveraendernde Potential sprachlicher Ausdruecke als wesentlicher Bedeutungsbestandteil rekonstruiert wird.